Warum?
Beispiel
Vorarbeiten
Vorteile für Patient:innen
Vorteile für Ärzt:innen
Funktionen
Das Besondere an SAMS-Pat
Mitmachen
Kontakt

SAMS-Pat: Standardisierte Symptombeschreibung durch Patient:innen

Warum?

Patient:innen mit Seltenen Erkrankungen (oder ihre Eltern) müssen oft viele Jahre auf eine Diagnose warten. Aber selbst wenn es eine Diagnose gibt, bedeutet das nicht automatisch, dass eine zielgerichtete Therapie möglich ist. Die Forschung an Seltenen Erkrankungen fokussiert sich dabei häufig auf die 'charakteristischen' Krankheitssymptome, die aber nicht unbedingt den höchsten Leidensdruck auslösen [1].
Häufige Symptome wie Schmerzen oder Abgeschlagenheit, die für die Patient:innen oft die größte Belastung darstellen, werden von den behandelnden Ärzt:innen oft nicht oder nur wenig gewürdigt, da sie diese als 'unspezifisch' betrachten.
Aber auch andere Symptome werden meist nicht erfasst, da die Ärzt:innen ihnen keine Bedeutung für die Krankheit beimessen oder sie nur gelegentlich auftreten.

Mit SAMS-Pat, einer Web-Anwendung zur systematischen Erfassung von Symptomen und Diagnosen Seltener Erkrankungen, wollen wir Patient:innen stärker als bisher einbinden. Dabei können sie nicht nur ihre Krankheit eingeben, falls diese schon diagnostiziert wurde, sondern auch die einzelnen Symptome und welche sie als besonders belastend empfinden.
Pro Tag ist eine Eingabe möglich, sodass der Krankheitsverlauf detailliert dokumentiert und z.B. mit der Therapie in Verbindung gebracht werden kann.

Beispiel

Mögliche Symptome eines Patienten mit Systemischem Lupus Erythematodes aus eigener Sicht und aus Sicht einer Ärztin.

Patient ID in der HPO (*) Ärztin
Abgeschlagenheit HP:0012378
Gelenkschmerzen HP:0002829
Schmerzen beim Einatmen HP:0033771
Juckreiz HP:0000989
Albträume HP:5200287
Ausschlag HP:0025300 Malar rash
Gliederschmerzen HP:0003326 Myalgia
Sonnenempfindlichkeit HP:0000992 Cutaneous photosensitivity
HP:0020151 Anti-dsDNA antibody positivity
HP:0000093 Proteinuria
HP:0045042 Decreased circulating complement C4 concentration
HP:0012626 Stage 4 chronic kidney disease

(*): Die Symptome wurden mit der Human Phenotype Ontology (HPO) [2] erfasst. Mit der HPO können Symptome unmissverständlich und maschinenlesbar beschrieben werden. Sie wurde in der Charité entwickelt und ist der weltweite Standard zur Beschreibung der Symptome von Patient*innen mit genetischen und/oder Seltenen Erkrankungen.

Vorarbeiten

Die Basis für SAMS-Pat ist bereits vorhanden: SAMS (kurz für "Symptom Annotation Made Simple", grob übersetzt “Symptomerfassung einfach gemacht”) [3].
SAMS ist eine Web-Anwendung zur systematischen Erfassung von Symptomen und Diagnosen Seltener Erkrankungen durch Ärzt:innen, Forscher:innen und klinisches Personal. SAMS-Pat wird auf SAMS aufbauen und mit SAMS integriert, um den Austausch zwischen Patient:innen und behandelnden Ärzt:innen zu unterstützen. SAMS und SAMS-Pat werden von der Gruppe Bioinformatik und translationale Genetik des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung in der Charité (BIH) entwickelt.
Wie SAMS wird auch SAMS-Pat kostenlos benutzbar sein und es werden keine Daten an Dritte weitergeben oder auf andere Arten monetarisiert (s. auch unten "Datensicherheit und -schutz").

Vorteile für Patient:innen

Vorteile für Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen

Funktionen

Standardisierte Daten
Im Gegensatz zu anderen Apps für Patient:innen verwendet SAMS-Pat nur international standardisierte Datenquellen. Das bedeutet: Auch wenn es SAMS-Pat eines Tages nicht mehr geben sollte, können die Daten problemlos in anderen Datenbanken weiterverwendet werden. Sie können mit Menschen in der ganzen Welt geteilt werden, um so gemeinsam an der Aufklärung der Krankheit zu arbeiten.

Anonymität
SAMS-Pat erfordert nur die Eingabe eines Kontonamens. Dies kann eine Email-Adresse sein, um so (nach Einwilligung) kontaktierbar zu sein, eine gültige Email-Adresse ist aber keine Voraussetzung.
Weitere Angaben wie die ungefähre Altersgruppe und das Geschlecht sind freiwillig.

Suche nach der Diagnose
Anhand der eingegebenen Symptome kann SAMS in Frage kommende Krankheiten vorschlagen. Dies ist aber nur ein Vorschlag - die Diagnosestellung muss durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen.

Datensicherheit und -schutz
Die in SAMS-Pat gespeicherten Daten sind nur für die Patient:innen zugänglich, außer sie werden explizit mit anderen (z.B. den behandelnden Ärzt:innen geteilt). Der Zugriff auf die Daten kann jederzeit durch einen simplen Mausklick widerrufen werden.
Alle sensiblen Daten werden auf sicheren Charité-Servern gespeichert. Die Entwicklung aller Software der Forschungsgruppe wird ausschließlich mit öffentlichen Geldern finanziert.

Zusammenarbeit
Die in SAMS-Pat gespeicherten Daten können mit anderen geteilt werden, z.B. mit den behandelnden Ärzt:innen oder mit anderen Patient:innen.

Suche nach anderen Betroffenen
SAMS-Pat wird die Möglichkeit bieten, Patient:innen mit ähnlichen Symptomen in unserer Datenbank zu finden. Diese können dann anonym kontaktiert werden und erst wenn beide Seiten einverstanden sind, werden die Email-Adressen sichtbar.

Datenaustausch
Einzelne oder alle in SAMS gespeicherten Daten können als Phenopacket [4] importiert und exportiert werden. Das ist ein internationales Standardformat zum Austausch von Diagnosen und Symptomen sowie medizinischen Behandlungen.

Beteiligung an der Forschung oder in Studien
Wenn es gewünscht wird, können anonymisierte Daten auch mit Forscher:innen geteilt werden, um bei der Aufklärung Seltener Krankheiten zu helfen.
Die Daten können auch genutzt werden, um anhand der Symptome und/oder Diagnose in Studien aufgenommen zu werden.
Für beides ist eine explizite Erlaubnis zur Nutzung der anonymisierten Daten erforderlich.

Verständliche Sprache
SAMS-Pat wird allgemeinverständliche Symptomnamen verwenden. Die Symptome werden trotzdem im internationalen Standard der HPO gespeichert, sodass ein internationaler Austausch ohne Weiteres möglich bleibt.
Für viele Symptome bieten wir auch eine Erklärung an!

Einfache Suche nach genaueren Symptomen
Die Symptome in der HPO sind wie in einem Baum strukturiert: Die meisten Symptome haben genauere Untersymptome. SAMS-Pat erlaubt es, sich durch den Baum 'durchzuklicken', bis das am besten passende Symptom gefunden wurde.

Das Besondere an SAMS-Pat

SAMS-Pat soll mehr sein als eine Symptomchecker-App. Diese Vorteile bietet SAMS-Pat:

  • Verlaufsdokumentation: Symptome können taggenau erfasst werden
  • Anbindung an Anwendung für Ärzt:innen: Datenaustausch mit SAMS für die Nutzung in der Klinik
  • Offene Datenstandards: Verwendung von international anerkannten, offenen Formaten
  • Offene Entwicklung: Der Quellcode der Anwendung wird für alle zugänglich gemacht. (Das gilt natürlich nicht für die Daten.)
  • Volle Kontrolle: Nur die Patient:innen bestimmen, welche Daten erfasst und geteilt werden

  • Anmerkung: Das primäre Ziel von SAMS-Pat ist nicht die Vernetzung von Betroffenen mit Foren, Chats oder Selbsthilfegruppen. Dafür gibt es z.B. Angebote der ACHSE e.V. und des Kindernetzwerk e.V.

    Mitmachen

    An wen richtet sich SAMS-Pat?
    SAMS und SAMS-Pat sind nicht auf bestimmte Diagnosen beschränkt, sondern sollen Krankheits-übergreifend für die Anwendung mit allen (Seltenen) Erkrankungen nützlich sein.
    SAMS-Pat soll für die Anwendung durch Patient:innen optimiert sein, während sich SAMS an medizinisches Personal richtet.

    Wer kann sich beteiligen?
    Wenn Sie selbst oder ein Angehöriger/eine Angehörige eine Seltene Erkrankung haben oder noch auf der Suche nach der richtigen Diagnose sind und an den Funktionen, die SAMS-Pat bietet, interessiert sind, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).
    Das Projekt befindet sich aktuell in der Anfangsphase - es ist also noch viel zu entscheiden und zu bewegen. Gestalten Sie mit!

    Patient:innenpartizipation
    Damit die Entwicklung von Anfang an in die richtige Richtung geht, starten wir mit einem "Design Thinking" Workshop. Dabei möchten wir besser verstehen, was zukünftige Nutzerinnen und Nutzer von SAMS-Pat brauchen und bevorzugen. Diese Erkenntnisse fließen direkt in die Planung und Gestaltung ein. Danach möchten wir in regelmäßigen Online-Treffen mit Ihnen über Ihre Erfahrungen und Ideen sprechen, Verbesserungsvorschläge austauschen und den Entwicklungsfortschritt präsentieren.
    Wir werden dabei Funktionen, die mehrheitlich gewünscht werden, nach Möglichkeit zuerst umsetzen.
    Eine Kopie der Einladungsmail zum Workshop, ist unter https://www.genecascade.org/sams-pat/invitation.html zu finden. Wer am Workshop teilnehmen möchte, kann sich unter folgendem Kontakt bei uns melden.

    Kontakt

    Senden Sie uns Ihre Anmeldung für den Workshop, Fragen oder Ideen gerne an SAMS-Pat@bih-charite.de.

    Sie können sich aber natürlich auch gerne an uns persönlich wenden:
    Janina Schönberger    janina.schoenberger @bih-charite.de
    Dominik Seelow dominik.seelow @bih-charite.de    BIH-Website der Arbeitsgruppe

    Ebenso können sich Studierende thematisch angrenzender Studiengänge, die nach einem Projekt für die Abschlussarbeit suchen, gerne bei uns melden.



    [1] Westerheim I, Hart T, van Welzenis T, et al. The IMPACT survey: a mixed methods study to understand the experience of children, adolescents and adults with osteogenesis imperfecta and their caregivers. Orphanet J Rare Dis. 2024;19(1):128. doi:10.1186/s13023-024-03126-9
    [2] Gargano MA, Matentzoglu N, Coleman B, et al. The Human Phenotype Ontology in 2024: phenotypes around the world. Nucleic Acids Res. 2024;52(D1):D1333-D1346. doi:10.1093/nar/gkad1005
    [3] Steinhaus R, Proft S, Seelow E, Schalau T, Robinson PN, Seelow D. Deep phenotyping: symptom annotation made simple with SAMS. Nucleic Acids Res. 2022;50(W1):W677-W681. doi:10.1093/nar/gkac329
    [4] Jacobsen JOB, Baudis M, Baynam GS, et al. The GA4GH Phenopacket schema defines a computable representation of clinical data. Nat Biotechnol. 2022;40(6):817-820. doi:10.1038/s41587-022-01357-4


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